Erstellt von Ulla Arens

Ehrenamt Hospiz: Sterbenden zur Seite stehen

Hospiz: Für Menschen mit unheilbaren Krankheiten in ihrer letzten Lebensphase da sein
Ehrenamt Hospiz: Sterbenden zur Seite stehen

Ehrenamtliche Hospizmitarbeiter*innen begleiten Menschen, die unheilbar krank sind, in ihrer letzten Lebensphase | Foto: Adobestock

Jeden Montag besucht Corinna Kohröde-Warnken das Hospiz „Zum guten Hirten" in Rotenburg an der Wümme, um Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten

Leben jetzt': Welche Aufgabe haben Sie im Hospiz?
Corinna Kohröde-Warnken: Ich biete den Gästen – so nennen wir die Patienten – beispielsweise an, mit ihnen und für sie zu schreiben. Letzte Worte, Grußoder Geburtstagskarten, ihre eigene Grab- oder Trauerrede, ihre Todesanzeige, eine Karte zur Konfirmation an einen Enkel, wissend, dass der Großvater nicht bei der Feier dabei sein wird, einen Brief oder ein Märchen an ein ungeborenes Enkelkind, weil die Oma die Geburt nicht mehr erleben wird.

Lj: Auch Sie waren schon näher am Tod als am Leben. Zweimal wurde bei Ihnen Krebs diagnostiziert. Ein Jahr nach der zweiten Diagnose haben Sie eine Ausbildung zur Notfallseelsorgerin absolviert, waren gut sieben Jahre aktiv. Was war der Grund dafür?
Kohröde-Warnken: Ich wollte etwas zurückgeben von der vielen Liebe und Zuwendung, die ich während der Akut-Phase meiner Erkrankung erfahren habe. In einem Buch hatte ich gelesen, dass Menschen mit einer schweren Diagnose „durchlässig“ sind für die Nöte anderer Menschen und sich besonders gut in Notsituationen einfühlen können. In einem Buch hatte ich gelesen, dass Menschen mit einerschweren Diagnose „durchlässig“ sind für die Nöte anderer Menschen und sich besonders gut in Notsituationen einfühlen können. Unser ehemaliger Pastor, selbst ehrenamtlicher Notfallseelsorger, hat mich begleitet und unterstützt.

Lj: Was waren Ihre Aufgaben?
Kohröde-Warnken: Ich wurde zu Geiselnahmen, Großbränden, Verkehrsunfällen gerufen und war bei der Überbringung von Todesnachrichten zugegen. Das waren schlimme Anlässe. Doch Gott war immer an meiner Seite. Oft gab es auch gar nichts zu sagen – da war es schon genug, da zu sein, zuzuhören und die Situation auszuhalten.

Lj: Und wie erleben Sie im Gegensatz dazu die Arbeit im Hospiz?
Kohröde-Warnken: Das ist schwer zu beschreiben. Die Zeit dort läuft anders – Zeit ist im Hospiz das kostbarste Gut. Ich gehe immer montags hin, weiß aber nie, ob die Menschen am nächsten Montag noch da sind. Deshalb passiert ganz viel ganz schnell. Die Kennenlernphase dauert manchmal nur zehn Minuten. Häufig werde ich vorbehaltlos in die innersten Gefühlswelten gelassen. Es ist teilweise sehr intim, was in Menschen vorgeht, wenn sie sich verabschieden.

Lj: Wie gehen Sie mit dem Erlebten um?
Kohröde-Warnken: Außenstehende denken oft, wie traurig das für mich sein muss. Doch ich lache auch unglaublich viel mit den Menschen und erlebe kleine Glücksmomente. Mit einem älteren Herrn habe ich eine Karte an einen Freund in Amerika geschickt, von dem er 20 Jahre nichts gehört hatte. Vergangene Woche hat er eine Antwort bekommen – das hat mich so gefreut! Jedes Mal, wenn ich vom Hospiz nach Hause gehe, denke ich: Eigentlich bin ich die Beschenkte.

Lj: Welche Rolle spielt Ihr Glaube bei diesem Engagement?
Kohröde-Warnken: Eine große. Ich weiß nicht, ob ich so manche Situation ohne meinen Glauben aushalten könnte. Natürlich habe ich immer noch Angst vor dem Tod, aber ich lerne dort jedes Mal aufs Neue, dass er eine Selbstverständlichkeit ist.

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Corinna Kohröde-Warnken, 57, ist gelernte Intensiv-Krankenschwester, studierte Diplom-Pflegewirtin, ausgebildete Notfallseelsorgerin, Dozentin für Personalmanagement und Autorin. Die Hospiz-Begleitung ist ein Ehrenamt.

Für ein Ehrenamt im Hospizdienst ist eine Qualifizierung zum Hospizbegleiter erforderlich. Diese Qualifizierung wird von vielen Trägern angeboten. Informationen finden Sie hier

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